Abkommen mit der syrischen Übergangsregierung
Ein Wendepunkt in Syrien

In einem für viele überraschenden Schritt haben sich die syrische Übergangsregierung und die Streitkräfte der Autonomen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, die »Syrischen Demokratischen Kräfte« (SDF), auf ein umfassendes Abkommen verständigt. Ziel ist es, die bislang weitgehend autonome Selbstverwaltung, bekannt auch als Rojava, schrittweise in die staatlichen Strukturen Syriens zu integrieren. Das Abkommen wurde vom derzeitigen syrischen Präsidenten Ahmed al-Scharaa und dem SDF-Oberkommandeur Mazlum Abdi unterzeichnet.

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Der Hintergrund dieses Abkommens ist von der Notwendigkeit geprägt, das zerrissene Land zu stabilisieren. Die syrische Führung ist bestrebt, angesichts internationaler Kritik und innenpolitischer Herausforderungen – etwa nach den jüngsten Gewaltausbrüchen in Latakia – durch die Einbindung der SDF ihre Position zu stärken. Dabei geht es nicht nur um den Wiederaufbau staatlicher Institutionen, sondern auch um die Rückführung von Geflüchteten und die territoriale Neuordnung des Landes, das in den letzten Jahren immer wieder vor allem türkischen Angriffen ausgesetzt war. Der SDF-Kommandant Abdi betonte nach der Unterzeichnung: »In dieser kritischen Phase arbeiten wir gemeinsam daran, einen Übergang zu schaffen, der den Wünschen der Bevölkerung nach Gerechtigkeit und Stabilität entspricht.« Diese Aussage unterstreicht den Willen, eine Übergangsphase einzuleiten, in der die Bürgerrechte – ungeachtet ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit – im Mittelpunkt stehen sollen. Abdi fügte hinzu: »Wir setzen uns für eine bessere Zukunft ein, in der die Rechte aller Menschen in Syrien gewahrt bleiben und Frieden und Würde gefördert werden.«

Das Abkommen sieht vor, dass künftig zivile und militärische Einrichtungen im Nordosten Syriens, darunter Grenzübergänge, Flughäfen sowie Öl- und Gasfelder, unter staatliche Kontrolle gestellt werden. Zugleich soll die SDF Teil einer neuen syrischen Armee werden. Ein weiterer zentraler Punkt des Abkommens ist die sichere Rückkehr von Geflüchteten. Dies betrifft unter anderem auch die kurdische Bevölkerung, die aus dem Kanton Afrin fliehen musste, als er von der Türkei besetzt wurde. Die Inhalte des Abkommens sollen bis Ende des Jahres umgesetzt werden.

Obwohl das Abkommen bewusst allgemein gehalten wurde, um strittige Punkte – wie etwa die Zukunft der kurdischen Sprache und Fragen der Dezentralisierung – vorerst außen vor zu lassen, markiert es einen wichtigen Schritt für Syrien. Ilham Ahmad vom Büro für Außenbeziehungen der Selbstverwaltung betonte: »Die Stärke Syriens liegt in seiner Vielfalt und in den Fähigkeiten seiner Menschen.« Mit dieser Aussage unterstreicht sie die Überzeugung, dass die Stärke Syriens in der Vielfalt der Bevölkerung liegt – ein Grundgedanke, der auch in der neuen Vereinbarung verankert werden soll.

Kritiker*innen sehen in der Integration der SDF in den syrischen Staat die Gefahr eines Autonomieverlustes. Doch auch wenn die SDF ihre bisher eigenständige Rolle als militärische und administrative Kraft wohl aufgeben wird, ist mit dem Abkommen gleichzeitig eine Legitimierung und rechtliche Absicherung der Selbstverwaltung angestrebt, die zukünftige Konflikte, etwa mit der Türkei, erschweren könnte.

Das Abkommen stellt einen Wendepunkt für Syrien dar –als Kampagne »Solardarity. Neue Energie für Rojava« werden wir die weiteren Entwicklungen vor Ort genau betrachten. In den Gebieten Nord- und Ostsyriens leben knapp fünf Millionen Menschen, für deren Leben die Selbstverwaltung die Verantwortung trägt. Das Abkommen scheint ein Schritt in die Richtung zu sein, den Menschen ein stabiles und friedliches Leben ermöglichen zu können. Durch den Aufbau dezentraler Solaranlagen, versuchen wir dieses Ziel weiterhin zu unterstützen. In engem Austausch mit den lokalen Partnerorganisationen vor Ort werden wir die sich verändernde Lage genau beobachten, um sicherzustellen, dass die Unterstützung weiterhin passgenau bei denjenigen ankommt, die sie brauchen: Bei Schulen, Gemeinde- oder Frauenhäusern, in Geflüchtetenlagern oder Krankenhäusern.